Above the Law (1988)

Written by Joerg Melzer on May 3, 2019

„Nico“ ist Seagals Schauspieldebüt, nachdem er bereits als Kampfchoreograph an John Frankenheimers „Wenn er in die Hölle will, lass ihn gehen“ mitgearbeitet hatte. Der Beginn erzählt kurz die Vorgeschichte von Nico Toscani (Steven Seagal): Als Kind von asiatischer Kampfkunst fasziniert zog er als junger Erwachsener nach Asien und wurde dort zum Kampfsportmeister. Schließlich wurde er vom CIA rekrutiert, trat aber aus, weil der Folter- und Verhörmethoden von Leuten wie Zagon (Henry Silva) nicht billigen konnte. Das Ganze ist recht stimmig gemacht, bei der Kampfsportvorführung kann man schon ein paar von Seagals Aikidotechniken begutachten und es darf auch der für den ganzen Film prägende Satz aus dem Mund Präsident Nixons fallen: „No one is above the law!“ 1988: Nico ist inzwischen Bulle in Chicago, ist mit Sara (Sharon Stone) verheiratet und hat ein Baby. In Kreise des Familie kümmert sich um vieles, weshalb er auch direkt mit seiner Partner Delores Jackson (Pam Grier) loszieht, als man ihm sagt, dass seine Cousine auf die schiefe Bahn gerät. Er sucht die Bar auf, in der man sie vermutet, brettert jedem was für die Mütze, der ihm quer kommt, bis man ihm das Zimmer seiner Cousine und ihres Mackers, der sich dort mit einer Unmenge Drogen einquartiert hat, verrät. Damit bietet sich flugs die nächste handfeste Keilerei für alle, welche die Aikidofights von Seagal mit ihrer realistischen Art mögen.

Dem Schmierlappen knallt Nico dann auch noch direkt volles Pfund ein paar in die Fresse, aber der kleine Lump rettet seine Haut, indem er Nico Hinweise auf einen großen Deal gibt. Die Informationen stellen sich als wahr heraus, doch als Nico und seine Kollegen die Gangster dingfest machen und jede Menge C4 sicherstellen, geraten sie in eine Verschwörung von ungeahnten Ausmaßen… „Nico“ bietet den harten Copfilmstil, der viele der frühen Seagalwerke prägt. Während die restlichen Cops fast alle Paragraphenreiter sind, die von den Fieslingen über das Rechtssystem ausgetrickst werden, so sorgt Nico mit nicht immer regelkonformen Methoden für Gerechtigkeit. Ist zwar nicht die humanistischste Lehre, aber das stört bei derartiger 80er Jahre Action eh nicht groß, zumal „Nico“ sich auch nicht immer ernst nimmt (z.B. als Nico bei einer Prügelei einen Laden zertrümmert und der Besitzer total entsetzt ist). Leider fehlt „Nico“ in einigen Punkten noch der coole Schliff von den Seagal-Highlights. Zwar darf Seagal auch hier ein paar coole Sprüche vom Stapel lassen (z.B. als er den FBI-Mann im Parkhaus abfängt), aber die richtig coolen Oneliner fehlen noch (man vergleiche z.B. die „They we’re both wrong“-Szene aus „Zum Töten freigegeben“ oder die Kochsprüche aus den „Alarmstufe: Rot“-Filmen). Die Story ist für einen Seagalfilm recht komplex, auch wenn am Ende wieder die Lehre steht, dass brachiale Gewalt der Gerechten über die komplizierte Verschwörungen der Bösen siegt. Doch der Plot ist schlüssig, bietet ein paar nachvollziehbare, wenn auch nicht allzu überraschende Wendungen und ist spannend erzählt, sodass keine Längen aufkommen. Zudem wird die Standardstory vom guten Cop, der hinter eine große Verschwörung kommt, mit einer handvoll illustrer und charismatischer Fieslinge versehen, die so etwas mehr als reine Prügelmasse für Nico darstellen.

Die Action ist zwar noch nicht ganz so spektakulär, aber bietet den von Seagalfilmen gewohnten Mix aus Nahkämpfen, Schießereien, kurzen Verfolgungsjagden und ein paar Stunts – am besten in der ungekürzten Fassung zu genießen. Vor allem die Fights wissen durch Seagals realistische Aikidotechniken zu gefallen, wobei der gute Steven hier auch mal zu Hilfsmitteln wie einer Machete greift. Auch die Shoot-Outs sind recht gut choreographiert, wenn auch im US-Stil gehalten (also kein großes Herumgehechte wie im HK-Kino). Nur der Showdown ist selbst in der uncut Fassung enttäuschend kurz und wirkt etwas unwürdig. Steven Seagal spielt hier gewohnt charismatisch und unnahbar, wie Fans es lieben. Sharon Stone bleibt unterfordert und ist kaum zu sehen, während Pam Grier eine echte Bereicherung darstellt. Auch die Nebendarsteller sind alle ziemlich gut, wobei hier vor allem ein herrlich fieser Henry Silva hervorsticht.

Alles in allem ist „Nico“ ein spannender Film mit guten Actionszenen, auch wenn er noch nicht ganz so cool und spektakulär wie einige spätere Werke Seagals ist.